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Hobby Elektronik-Messe zum Anfassen

Das Schwabenland war schon immer dafür bekannt, das Land der Bastler und Tüftler zu sein. So kam es denn auch, daß man vom 7. bis 10. November auf dem Stuttgarter Killesberg eine Messe erleben konnte, die sich nicht nun in ihrer Zielsetzung von anderen Messen wie beispielsweise der Systems unterscheidet. Zunächst fiel auf, daß man so gut wie alles Ausgestellte auch gleich einpacken und mit nach Hause nehmen konnte. Wichtigstes Thema waren und sind auf dieser Messe aber Computer und die Menschen, die mit ihnen umgehen. Zu den Ausstellern gehörten deshalb hauptsächlich kleine und größere Händler, Hardware-Entwicklungshäuser (Dela, Kalawsky), einige Fachzeitschriften sowie ein paar wenige Giganten des Handels wie Horten, Schreiber Elektronik, Mirwald und Vobis.

Neben den interessanten Diskussionen direkt am Computer (es wurde selbst auf der Messe noch eifrig programmiert) konnte man auch so manches »Schnäppchen« machen. Da war beispielsweise ein winziger Stand eines Bremer Händlers, der ständig umringt war, mit gutem Grund: Es gab leicht angeschlagene Computer vom VC 20 für 25 Mark bis zum Osborne Executive für 1900 Mark. Oder der Abverkauf der C16/C 116-Computer, die man am Vobisstand einiges unter 200 Mark bekommen konnte. Gleiches gilt auch für den Atari 800 XL, der mit 238 Mark einen Preis erreichte, bei dem jedem, der noch vor einem Jahr fast 1000 Mark dafür bezahlt hatte, die Tränen in die Augen hochstiegen. Gleich gegenüber gab es sogar eine Europapremiere am Stand von Weber Computertechnik. Dort zeigte man den brandneuen Citizen 120 D (noch neuer als die gerade erst auf der Systems vorgestellte MSP-Reihe). Dieser handliche Drucker scheint das Zeug zu haben, einer der ganz großen zu werden, denn er bietet beinahe alle Leistungen der fast doppelt so teuren MSP-Reihe (NLQ-Schrift, Hexdump mit ASCII-Wert, Grafikfähigkeit, 4 KByte Pufferspeicher). Dazu soll wahlweise ein Centronics- oder Commodore-Einschubmodul mit Schnittstelle erhältlich sein. Das kleine Wunderding soll nach Angaben des Ausstellers für unter 1000 Mark erhältlich sein, entsprechend groß war der Andrang vor dem Ausstellungsstück (Test in Ausgabe 2/86). Erstaunlich auch die Tatsache, daß dieser neue Drucker auf der Systems noch nicht zu sehen war, obwohl der Generalimporteur für Citizen, nämlich Synelec, dort einen großen Ausstellungsstand hatte. Da stellt sich natürlich die Frage, ob der 120 D nun die Nachhut der MSP-Reihe ist, oder etwa ein Vorbote einer neuen Druckergeneration mit hervorragenden Leistungen zu niedrigsten Preisen?

Mirwald Electronic aus Unterhaching setzte neben der altbekannten Produktpalette (BMC, Epson) wieder auf die neue Picom-Druckgeneration. LQ 80 (137 Zeichen pro Zeile) und LQ 130 (232 Zeichen pro Zeile) heissen sie, stellen sich mit einer Schönschrift (18 x 20 Punktmatrix) und einer Geschwindigkeit von bis zu 180 Zeichen pro Sekunde vor. Dabei erinnern die Picom-Drucker nicht nur äußerlich an einen FX-85 Drucker, sondern weisen auch einen ähnlichen Befehlssatz auf. Der Preis liegt bei 1598 Mark (LQ 80) beziehungsweise 1998 Mark (LQ 130).

Maximaler Miniplotter

Bei Hack Elektronik gab es neben einem winzigen (Zigarettenschachtelformat) Fernseher auch Interessantes aus der Plotter-Szene zu sehen. Der MCP-80 ist ein A4-Flachbettplotter mit vier Farben und einer Centronics-Schnittstelle (seriell RS232 auf Wunsch). Alle Farben sollen sich sowohl durch Tastendruck als auch per Software ansteuern lassen. Der Preis von 798 Mark scheint für einen Plotter mit einer Wiederholgenauigkeit von 0,2 mm relativ günstig.

MS-DOS wo man hinschaut

Unverkennbar war der Trend zu ernsthaften Computeranwendungen wie Datenverwaltung und Textverarbeitung an fast allen Ständen. Spitzenreiter der in diesem Bereich angebotenen Computer sind die sogenannten »IBM-Kompatiblen«. An fast allen Ständen konnte man diese Computer in den verschiedensten Ausbaustufen bewundern. Bemerkenswert ist dabei das Preisniveau. Einen einfachen MS-DOS-Computer mit einem Laufwerk konnte man schon für 1888 Mark mit nach Hause nehmen. Selbst in voller Ausbaustufe, sogar mit einem 10 MByte Festplattenlaufwerk, mußte nur wenig mehr als 5000 Mark bezahlt werden. Inwieweit nun alle IBM-Programme auf diesen meist in Fernost produzierten Computern auch lauffähig sind, konnten wir natürlich nicht austesten. Wer auf garantierte Funktionsfähigkeit aller MS-DOS-Programme Wert legt, konnte am Schreiber Elektronic-Stand eine echte Preissensation gleich mitnehmen — einen tragbaren Original IBM-PC mit zwei Laufwerken, eingebautem Monitor und 256 KByte RAM, dessen Preis von zirka 7000 Mark auf 3990 Mark gesenkt wurde. Klar, daß es sich dabei um ein Auslaufmodell handelt, aber sicher nicht um eine schlechte Investition.

Ach ja, gespielt wurde auch auf der Hobby Elektronik und zwar fast ausschließlich auf einem, mit Computern exzellent ausgestatteten, MSX-Stand. So wie es schien, liegt der Schwerpunkt dieses japanischen Standardisierungsversuchs darin, eine Spielkonsole mit Computer-Alibifunktion darzustellen. Das allerdings machen die MSX-Computer, wie man sehen konnte, gar nicht schlecht.

Nicht vergessen werden soll aber die Vielzahl der kleinen und kleinsten Ausstellungsstände, auf denen man sich so richtig ins Detail hineinfragen konnte. So geschehen auf dem Stand von Kalawsky, der nicht nur seinen ausgezeichneten EPROM-Brenner vorstellte, sondern auch eine Vielzahl kleinerer und größerer Erweiterungen für den C 64 und den C 128. Dazu gehören eine akkugepufferte Echtzeituhr, ein am User-Port betriebenes Digital-Volt-Meter, ein Testgerät für EPROM-Programmiergeräte und ein User-Port-Verdoppler.

Rundum gelungen

Natürlich war die Hobby Elektronik keine Ausstellung, bei der es darauf ankam, im Scheinwerferlicht die neueste Produktpalette vorgestellt zu bekommen. Ganz im Gegenteil, hier trafen sich die Profis und solche, die es werden wollen. Wer mit etwas Ruhe durch die Hallen gegangen ist, konnte so manchen guten Tip aufschnappen und was als nachahmenswert einmalig gelten kann, sofort ausprobieren. Als Messe »zum Anfassen« hat sich ein Besuch auf der Hobby Elektronik in jedem Fall gelohnt. Nirgendwo war die Demonstration von dem, was man mit den Worten »Computererlebnis live« beschreiben könnte, größer als in Stuttgart.

(aw)
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