128er
Hardware-Test

Die neuen Laufwerke Commodore-1570/1571

Die C 128-Besitzer haben lange auf ein passendes Diskettenlaufwerk warten müssen. Jetzt sind sogar gleich zwei verschiedene lieferbar. Wir haben beide getestet und verglichen.

Bis vor kurzem mußten C 128-Besitzer noch mit der guten alten 1541 arbeiten, wollten sie Daten und Programme abspeichern und nicht auf die Datasette zurückgreifen. Die Vorteile, die der C 128 mit einem entsprechenden Laufwerk bietet, können aber mit der 1541 nicht ausgeschöpft werden. Im Klartext heißt das: quälend langsame Diskettenzugriffe, kein Zugriff auf Standard-CP/M-Formate, geringe Speicherkapazität und so weiter. Verständlicherweise warteten alle C 128-Besitzer also auf die angekündigte 1571. Doch Commodore hatte produktionstechnische Probleme mit dem neuen Gehäuse, die die Lieferfähigkeit der 1571 stark einschränkten. So wurde als Übergangslösung die 1570konzipiert, ein Zwischending aus 1541 und 1571. Inzwischen stehen beide Laufwerke, 1570 und 1571, in den Geschäften und können von jedermann gekauft werden. Die Frage lautet bloß: Welches von den beiden? Bevor wir diese Frage beantworten, wollen wir erst einmal die gemeinsamen und die unterschiedlichen Daten der Laufwerke vorstellen.

Eines der wichtigsten Verkaufsargumente für die 1570/71-Laufwerke ist ihr stark beschleunigter Busbetrieb. Zusammen mit dem C 128 sollten Geschwindigkeiten erreicht werden, von denen ein C 64 mit 1541 ohne Beschleuniger bisher nur träumen konnte. Wer sich allerdings nun eine parallele Datenübertragung oder ähnliches vorgestellt hatte, wird enttäuscht. Der normale serielle Bus des C 64 wurde nur leicht umgebaut. Eine bisher unbenutzte Leitung wird jetzt zur Synchronisation der schnellen Datenübertragung genutzt.

Zieht man Vergleiche zur 1541, so ist man in den ersten Augenblicken angenehm überrascht: Ein Testprogramm von 200 Blöcken auf der Diskette wird vom C 64 und der 1541 in etwas über zwei Minuten geladen. Die 1570/71 schafft im C 128-Modus die 200 Blöcke in unter 14 Sekunden! Voraussetzung ist allerdings, daß auch im C 128-Modus gespeichert wurde. Bei vom C 64 gespeicherten Programmen dieser Größenordnung werden 25 Sekunden benötigt, die Zeit, die auch von SpeedDos, TurboAccess oder Hypra-Load erreicht wird. Beim Speichern eben dieser 200 Blöcke erweist sich die 1570/71 als Langweiler. Sie benötigt 1 Minute 52 Sekunden gegenüber 2 Minuten 25 Sekunden bei der 1541 und etwa 1 Minute 40 Sekunden bei den hardwaremäßigen Beschleunigern. Andere Disketten-Zugriffe, wie relative und sequentielle Dateien, werden um Faktoren von durchschnittlich 2 bis 6 beschleunigt, je nach Anwendung. Die Kommandos »Scratch« und »Validate« sind nur unwesentlich schneller als bei der 1541. Bei der 1571 kann ein Validate allerdings doppelt so lange dauern, weil ja die doppelte Datenmenge bearbeitet werden muß. Das Formatieren schließlich ist auch recht schnell: Die 1570 braucht zirka 23 Sekunden, die 1571 die doppelte Zeit, weil sie ja auch doppelseitig formatiert.

Ein wenig enttäuscht hat uns der CP/M-Modus. Programme wie »Wordstar« oder »Multiplan« sind zwar in knapp einer Minute geladen. Doch da diese Programme sehr oft auf die Diskette zugreifen, sind längere Wartezeiten vorprogrammiert. Andere CP/M-Systeme arbeiten mit einem parallelen Bus, der sehr viel schneller als der serielle Commodore-Bus ist.

Natürlich haben wir die Laufwerke auch mal von innen genauer betrachtet. In den Bildern 1 und 2 können Sie die Innereien der beiden Laufwerke sehen.

Die Hardware

Auffällig ist, daß in beiden Laufwerken exakt dieselbe Platine vorzufinden ist. Die fertige 1571-Platine wurde dann auch nur durch ein leicht geändertes DOS und einige minimale Veränderungen auf der Platine für die 1570 angepaßt.

Auf der Platine befinden sich alle Chips, die man von der 1541 her kennt, und ein paar neue, die wohl für die CP/M-Modi verantwortlich sind. Die genaue Bedeutung dieser Bausteine, insbesondere des großen schwarzen Hybridbausteins (auf der 1571-Platine an der Rückseite zu finden), haben wir aber noch nicht völlig entschlüsseln können. Genauso geheimnisumwittert ist der CP/M-Controller-Chip. Hier tut sich für viele Hardware-Freaks ein weites Betätigungsfeld auf.

Kommen wir nun zur Mechanik, ein bei Floppy-Laufwerken sehr wichtiger Aspekt. Hier zeigen sich die ersten großen Unterschiede zwischen den beiden Modellen. Während die 1570 eine leicht verbesserte Version der 1541-Mechanik verwendet, ist die der 1571 völlig neu entwickelt worden. Die Verbesserungen in der 1570 beschränken sich auf zwei Lichtschranken. Die eine fragt das Indexloch ab und wird bei manchen CP/M-Formaten verwendet. Die zweite Lichtschranke stoppt den Schreib/Lese-Kopf eine Halbspur vor dem Anschlag am Steppermotor und verhindert somit das rhythmische Klappern beim Formatieren und bei Lesefehlern. Diese beiden Lichtschranken sind ebenfalls in der 1571 vorhanden. Die Mechanik der 1571 macht allerdings einen professionelleren und stabileren Eindruck als die der 1570. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal: Die 1571 hat einen doppelten Schreib/Lese-Kopf, mit dem auf beide Seiten der eingelegten Diskette zugegriffen werden kann. Sehr vorteilhaft ist uns die völlige thermische Entkopplungvon Mechanik, Netzteil und Elektronik aufgefallen. So dürften bei der 1541 die bekannten Überhitzungsprobleme, die zu verstellten Köpfen und defekten ICs führten, beseitigt sein. Einzige Minuspunkte der 1571 sind der zerbrechlich wirkende Knebelverschluß und der von schräg oben nur sehr schwer erkennbare Diskettenschacht.

Bild 1. Das Innenleben der 1570 präsentiert sich als Mischung aus der 1541-Mechanik und 1571-Elektronik. Die Speicherkapazität beträgt bis zu 200 KByte.
Bild 2. Mechanik wie Elektronik der 1571 machen einen guten stabilen Eindruck. Das abgeschirmte Netzteil über der Platine wurde für das Foto entfernt.

Das DOS

Die Commodore-Laufwerke waren schon immer »intelligent«, das heißt, sie haben ein eigenes Betriebssystem und beanspruchen praktisch keinen Speicherplatz im Computer. Das hat sich bei den beiden neuen Laufwerken nicht geändert. Sie haben das CommodoreDOS 3.0 eingebaut. DOS 3.0 unterscheidet sich von den DOS 2.X-Versionen (1541, SFD 1001, etc.) in mehreren Punkten. Es unterstützt neben den Commodore-GCR-Formaten auch CP/M-MFM-Formate, bietet den schnellen Busbetrieb und hat zu guter Letzt ein neues Kommando. Mit dem Kommando »U0« kann eine ganze Reihe von Funktionen gesteuert werden. Leider hat Commodore wieder die »Glanzleistung« vollbracht, das neue Kommando im deutschsprachigen Handbuch nur in einer kleinen Tabelle und dann auch noch unvollständig zu beschreiben. In Tabelle 1 können Sie alle Funktionen finden, die mit »U0« angesprochen werden können, und deren Bedeutung entweder aus dem englischen Handbuch entnommen beziehungsweise von unserem Floppyexperten Karsten Schramm herausgeknobelt wurde. Manche Funktionen sind noch nicht völlig geklärt, insbesondere die, die sich auf die MFM-Formate beziehen.

u0:>S chr$(x) Sector Interleave ein-
stellen (Abstand der
Sektoren beim
Schreiben)
u0:> chr$(x) Anzahl der Lesever-
suche festlegen
u0:> T ROM-Prüfsumme
erstellen
u0:> M1 schalten auf
1571-Modus
u0:> M0 schalten auf
1541-Modus
u0:> H0 Seite 0 anwählen
(nur 1541-Modus)
u0:> H1 Seite 1 anwählen
(nur 1541-Modus)
u0:> chr$(x) Gerätenummer
einstellen
Tabelle 1. Diese Aufzählung zeigt einige der Funktionen des uO-Kommandos bei der 1571. Diese Kommandos sind bis auf »HO;H1« auch bei der 1570 verwendbar. Weitere Funktionen, die über u0 gesteuert werden, sind die MFM-Formate und der besonders schnelle »Burst«-Modus (wird beim Laden von Proarammen schon ausgenutzt). Diese Funktionen befinden sicn nicht in dieser Tabelle.
(Karsten Schramm/bs)

Bis auf das »UO«-Kommando ist das DOS mehr oder minder identisch mit dem der 1541 (DOS 2.6). Natürlich wurden noch einige kleinere Veränderungen vorgenommen, um das DOS an die höhere Speicherkapazität anzupassen.

Die Formate

Die 1570/71-Laufwerke gehören zu den flexibelsten überhaupt, denn sie können viele verschiedene Formate lesen und schreiben. Dazu gehört zuerst einmal das Format der 1541. Jede von einer 1541 beschriebenen Diskette kann ganz normal weiterverwaltet werden. Die 1571 kennt sogar einen speziellen 1541-Modus, in dem sie fast identisch zur 1541 wird. Selbst das Formatieren läuft dann wieder ganz gemächlich ab. Dann gibt es natürlich das neue 1571-Format, das dem der 1541 weitgehend entspricht. Bei zweiseitiger Benutzung der Disketten werden BAM und Directory allerdings etwas anders organisiert. Und als letztes stehen mehrere MFM-Formate zur Verfügung. MFM ist die Abkürzung für Modified Frequency Modulation (Modifizierte Frequenz Modulation) und steht für ein bestimmtes Aufzeichnungsverfahren einzelner Bits auf einer Diskette. MFM-Formate werden von vielen CP/M-Computern genutzt. Die 1570/71 ist in der Lage, MFM-Formate zu lesen und zu schreiben, allerdings nur blockorientiert. Das heißt, daß die notwendige Intelligenz zur Verwaltung von Files, Directories und ähnlichem wieder beim Computer liegt. Ein Schritt zurück also? Ja und doch wieder nein, da die CP/M-Formate so und so vom Computer aus verwaltet werden. Und das ist kein Einfall von Commodore, sondern schon seit Jahren bei allen CP/M-Computern gang und gäbe. Erst dadurch sind CP/M-Disketten zwischen verschiedenen Computer-Systemen austauschbar. Dadurch, daß die 1571 verschiedene MFM-Formate bearbeiten kann, kann man von allen gängigen CP/M-Computern die Disketten verwenden, angefangen beim tragbaren Osborne und Kaypro bis hin zum IBM-PC oder PC 10. Die Diskette muß nur unter dem Betriebssystem CP/M (und zwar CP/M 86 bei MS-DOS-Computern!) angelegt worden sein, damit das Gespann C 128/ 1570/71 an die Daten herankommt.

Die bange Frage aller Auf- und Umsteiger vom C 64 auf den C 128 lautet: Ist das Laufwerk so konzipiert, daß meine 1541-Programme auch auf der 1571 laufen? Wie sieht es mit floppyspezifischen Programmen wie Kopierprogrammen und Kopierschutzprogrammen aus? Die potentiellen Käufer der 1570/71 können relativ beruhigt sein. Commodore hat so viel wie möglich unternommen, um die Kompatibilität zu wahren. Die meisten Programme, die in das DOS eingreifen, funktionieren noch, angefangen bei Hypra-Load bis zum Turbo-Nibbler. Einige Programme laufen allerdings nicht, so zum Beispiel das Kopierprogramm Quickcopy. Probleme gab es außerdem mit so manchem neueren Kopierschutz. Denn gerade die neuen Schutzmechanismen verwenden sehr unübliche Befehlsfolgen, die bei den teilweise veränderten DOS-Routinen in der 1570/71 zum Absturz führen.

Fazit

Für den ernsthaften C 128-Anwender ist der Kauf einer der beiden neuen Laufwerke gar keine Frage. Die Vorteile gegenüber der 1541 sind so stark, daß diese als billigere Alternative fast nicht in Frage kommt. Schneller Busbetrieb und die MFM-Formate ermöglichen erst ein vernünftiges Arbeiten insbesondere für CP/M-Benutzer. Die Frage bleibt, welches der beiden Laufwerke besser ist. Geht man mal vom Preis/Leistungs-Verhältnis der beiden aus, ist die 1571 sicherlich attraktiver. Denn für nur 200 Mark mehr (1570 zirka 798 Mark, 1571 zirka 998 Mark) erhält man doppelte Speicherkapazität und eine erheblich bessere Mechanik. Wer sich allerdings mit der 1570 zufriedengibt, ist auch nicht schlecht bedient. Ob es das 1570-Laufwerk aber auch noch nach dem Frühjahr 1986 geben wird, steht in den Sternen.

(bs)
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