Chicago im Zeichen der CES
Die Consumer Electronics Show (CES) in Chicago gilt als eine der bedeutendsten Neuheitenmessen für die Unterhaltungselektronik. Vertreten waren auch wieder die Computer- und Software-Hersteller. Mit neuen, innovativen Ideen und Produkten will man die Gunst des Käufers gewinnen.

Selbst die größten Firmen mußten ihre noch vor einem halben Jahr aufgestellten positiven Prognosen erheblich nach unten revidieren. Erklärungen gab es soviele wie es wahrscheinlich auch Ursachen gibt. So wurde eine gewisse Marktsättigung bei Heim- und Personal Computern erkannt, ein vorsichtigeres und umsichtigeres Käuferverhalten sei ebenfalls zu beobachten, und schließlich sei da noch der ruinöse Wettbewerb.
Diesem Wettbewerb mußten einige Computerhersteller ihren Tribut zahlen. IBM stellte die Produktion des PC jr. ein und versucht durch Niedrigpreise die zirka 200 000 Stück aus den Lagern zu bekommen. Apple wird drei seiner sechs Produktionsstätten in den USA und Übersee schließen sowie 1300 Mitarbeiter entlassen. Sinclair bekam nach den Schwierigkeiten, den QL im Markt zu plazieren, finanzielle Probleme und wurde schließlich von Maxwell aufgekauft. Atari war nur in einem kleinen Besprechungsraum auf der CES zu sehen. Der geplante Einführungstermin für den 520 ST im März konnte definitiv nicht eingehalten werden. Jack Tramiel will den 520 ST jetzt zuerst in Europa auf den Markt bringen. Es soll auch eine abgespeckte Version mit 256 KByte RAM geben. Die geplanten 5 Millionen Computer aus dem Hause Atari, wie Tramiel noch im Januar tönte, sind dadurch wohl zur Utopie geworden. Atari hat denn auch weniger Probleme mit der Technologie seiner neuen Computer als vielmehr mit der Finanzierung der Produktion.
Commodore auf dem Vormarsch
Einzig und allein Commodore scheint von den Strudeln noch relativ unberührt zu sein, obwohl auch sie mit sinkenden Verkaufszahlen zu kämpfen haben. Man ist sich aber ziemlich sicher, mit dem C 128 Personal Computer einen neuen »Millionseller« in der Produktlinie zu haben. 100 000 Bestellungen seien schon eingegangen. Demzufolge konzentrieren sich auch nahezu alle Aktivitäten von Commodore auf dieses System. Die »Interrimscomputer« C 116, C 16 und Plus/4 wurden vom Käufer nicht genügend akzeptiert (zu Recht, wie wir meinen).
Für den C 128 soll es eine Reihe professioneller Peripherie geben. Neu vorgestellt wurde das Doppellaufwerk 1572 (Bild 1), das zwei horizontal eingebaute 5¼-Zoll-Laufwerke besitzt, zur 1571 und 1541 kompatibel ist, pro Laufwerk bis zu 410 KByte Speicherkapazität aufweist und ein schnelles Backup erlaubt. Eingebaut sind des weiteren ein 6502 Mikroprozessor, 8 KByte RAM und 64 KByte ROM mit dem DOS. Die Übertragungsraten liegen bei 300 cps (characters per second) für den C 64 und jeweils 5200 cps (Burst rate) für den C 128- und CP/M-Modus. Das Laufwerk soll schreib-/lesekompatibel mit Kaypro, Osborne, IBM CP/M 86, Epson QX-10 und anderen Formaten sein. Der endgültige Preis wird erst bei der Markteinführung feststehen.

Zu sehen war auch bereits die 512-KByte-RAM-Erweiterung. Demonstriert wurden das »Nachladen« von Hires-Bildern: Eine ruckfrei, punktweise rotierende Erdkugel (pro Sekunde eine Umdrehung) war das Ergebnis. Anwendungen mit dieser Erweiterung lassen einiges erhoffen. Dieses Erweiterungsmodul kann von Basic 7.0 mit den Befehlen FETCH, STASH und SWAP wie ein Floppy-Laufwerk angesprochen werden. Die Übertragungsrate ist atemberaubend: 1 Million Byte pro Sekunde.
Ein neuer Matrixdrucker von Commodore konnte bewundert werden: der MPS 1000 mit aufgesetzter Traktorführung und NLQ-Schrift. Er hat allerdings eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem GX-80 von Epson. Auch eine Maus wird es von Commodore für den C 128 geben. Extensiven Gebrauch von der Maus macht denn auch das kurz vor der Vollendung stehende Jane-Paket, bestehend aus janewrite, janecalc und janelist. Als nächstes integrietes Paket gibt es die unter CP/M lauffähige Perfect-Familie: Perfect Writer, Perfect Calc und Perfect Filer. Auf dem Commodore-Stand fanden sich auch einige Vertreter anderer Firmen ein, so etwa QRS mit einem Midi-Interface für 50 Dollar und über 200 Musikdisketten für den C 64 mit digitalisierten Stücken von Carmen bis Fly Robin Fly (Bild 2).

Da wir gerade bei der Software sind, soll gleich auf die neuen Programme der anderen Hersteller eingegangen werden. Auf dem Gebiet der Hardware hat sich diesmal bis auf wenige Ausnahmen die später noch beschrieben werden sollen, relativ wenig getan.
Neue Ideen — weniger Firmen
Eines hat sich ganz klar gezeigt: Die guten Ideen für neue Produkte sind den Software-Entwicklern nicht ausgegangen, nur deren Firmen haben Schwierigkeiten, die Programme an den Mann zu bringen. So war auch eine gewisse Konzentration bei einigen Herstellern zu erkennen. Besonders deutlich zeigte sich dies bei der Lernsoftware. Viele namhafte Firmen (Avant-Garde, CBS Software, DesignWare, EduWare, Electronics Arts, Grolier, Scholastic und andere) haben sich lediglich mit kleinen Teilständen auf einem Gemeinschaftsstand des größten US-Vertreibers Soft-Kat eingefunden. Synapse war auf dem Stand von Broderbund vertreten. Spinnaker dient als Überbegriff für Waltham Classics, Telarium, Better Working und Fisher Price. Doch lassen Sie uns zunächst die Neuigkeiten bei den einzelnen Software-Herstellern alphabetisch auflisten.
Access
Von Access gibt es jetzt den Nachfolger Beach Head II, der dort weitermachen soll, wo Beach Head aufgehört hat. Markerschütternde Schreie der tödlich getroffenen oder von Panzerketten zermalmten Soldaten wechseln sich mit Sätzen wie »I'm dead« oder »You can't hurt me« ab. Des weiteren wurde mit Mach 5 (35 Dollar) ein Modul für den Expansionsport vorgestellt, das die Ladegeschwindigkeit von der Diskette um den Faktor 5 erhöht und auch für den SX-64 geeignet ist.
Activision
Sechs Rohversionen von Programmen, die teilweise erst im Herbst verfügbar sein werden, waren bei Activision zu sehen. Besonders hervorzuheben ist die Idee, die hinter »Fast Tracks« steckt. Fast Tracks ist ein Autorennspiel mit eingebautem Generator. Soweit nichts Besonderes, davon gibt es bereits einige. Nur, neu gemachte Rennstrecken und der gesamte Spielablauf können auf einer extra Diskette abgespeichert werden und sollen an Freunde und Bekannte weitergegeben werden. Diese Verbreitung wird von Activision nicht untersagt, sondern sogar unterstützt. Eine Idee, die unserer Meinung nach Schule machen könnte.
Bei »Hacker« (Bild 3) taucht nur die Einschaltmeldung »Logon please…« auf, der Rest ist wie im richtigen Leben die Aufgabe des Anwenders. Ein Spiel voll im Zeichen der Zeit.

Weitere neue Titel von Activision sind GameMaker, Alter Ego, Computer Fireworks und There's someone living inside my Computer.
Batteries Included
Batteries Included arbeitet bereits an Versionen für den C 128 und Amiga. So wird es für den C 128 demnächst die Bestseller PaperClip, HomePak und The New Consultant geben. Dabei wird es nicht eine Diskette für den C 64 und eine für den C 128 geben, sondern beide Versionen sollen auf einer Diskette zum alten Preis angeboten werden. Für den Amiga will Batteries Included die »IS« Integrierte Softwareserie umschreiben.
Broderbund/Synapse
President Doug Carlston wunderte sich, wer die Mär vom toten Markt in die Welt gesetzt hätte. »Soweit wir betroffen sind, war der Markt noch nie lebendiger — für die richtigen Produkte«. Broderbund war bisher bekannt für hochwertige Arcade-Spiele, schaltete aber rechtzeitig um, und bietet nun Programme aus allen Gebieten an (The Print Shop, Bank Street Writer/Filer, Science Toolkit u.a.). Gerade diese haben zu einem guten Abschluß im ersten Quartal beigetragen. Für The Print Shop wurden drei neue Programme vorgestellt: The Print Shop Graphics Library Eins und Zwei sowie ein Companion. Aufsehen erregte auch Fantavision, ein Generator für »Special Effects«, vorerst nur auf dem Apple II. Synapse zeigte acht neue Programme, darunter Lode Runner's Rescue, Wizard of Wall Street, Brimstone, Essex und Mindwheel.
Cardco
S'more Basic ist der Name von dem in Deutschland entwickelten und in den USA durch Cardco vertriebenen Business Basic. 61183 Bytes free und über 60 neue Befehle sind die Merkmale von Business/S'more Basic.
Datasoft
The Goonies (Bild 4) ist eine Computeradaption des Films von Steven Spielberg. Die beiden Goonies-Kinder müssen dabei in jedem Bild zusammenarbeiten um vorwärtszukommen. Alternate Reality (Bild 5), ein Rollenspielabenteuer, überzeugt durch einen gelungenen 3D-Effekt und den unendlichen Tiefen der möglichen Kombinationen. Zorro, Elevator Action und Pole Position II sind weitere neue Produkte von Datasoft.


Epyx
Der Anziehungspunkt auf dem Stand von Epyx war Winter Games (Bild 6) mit sechs Wintersportarten wie Skispringen, Biathlon, Langlauf und Bobfahren. Von der Lucasfilm Games Division gibt es bei Epyx jetzt vier Titel: Ballblazer, Rescue of Fractalus sowie The Eidolon und Koronis Rift (Bild 7). Bei all diesen Spielen kann man sich die Gegend und die Schwierigkeitsgrade selbst auswählen.


Infocom
Diese, für ihre ausgefallenen Textabenteuer bekannte, Firma ließ sich wieder etwas Besonderes einfallen, um ihr neuestes Abenteuer »Wishbringer« einzuführen. Es wurde das ganze Naturkundemuseum von Chicago gemietet, inklusive Mumien und Personal. Es war wohl das erste Mal, daß man mit einem Sektglas in der Hand an Skeletten von Dinosauriern vorbeischlendern konnte. Wishbringer reiht sich denn auch nahtlos in die Reihe der Vorgänger ein. Die Faszination dieser Spiele ist an einem Beispiel besonders deutlich zu machen: Einmal auf den Geschmack gekommen, haben mehr als 50 Prozent vier, mehr als 18 Prozent acht Infocom-Adventures.
Mindscape
Einen ganz anderen Weg als Infocom beschreitet Mindscape bei seinen Abenteuerspielen. So benötigt »Deja Vu« (zunächst nur für den Macintosh) keine einzige Eingabe über die Tastatur. Alles wird mit der Maus und den Symbolen gesteuert. »Racter« ist eine andere Art der Unterhaltungssoftware. Durch die komplette Sprachausgabe mit mehr als 2800 englischen Wörtern und der Beherrschung der englischen Grammatik ist Racter vorzüglich als Party-Entertainer geeignet. Versionen für den 128er und den Amiga sind angekündigt.
Eigenwillige Programme sind auch »The Luescher Profile«, ein Programm, mit dem Sie anhand von Farbkleksen Ihr Persönlichkeitsprofil erstellen können. »A View to a Kill« lehnt sich an die Handlung und den Namen des neuen James Bond-Filmes an. Ebenfalls neue Abenteuerspiele sind Forbidden Forest und Voodoo Island. Die Fantasie und das Verständnis für Delphine erfordert »The Dophin's Rune«, ein Spiel von einem kalifornischen Künstler entwickelt. The Halley Project ist ein Raumabenteuer in Realzeit.
Microprose
Microprose Software hat sich voll auf Simulationen spezialisiert. »Kennedy Approach« (Bild 8) versetzt Sie in die Lage eines Fluglotsen im Tower des JFK-Flughafens.

Bis zu 20 ankommende und abfliegende Flugzeuge müssen dirigiert werden. Der Sprechfunk erfolgt dabei mit einer verständlichen Sprachausgabe. Mit »Silent Service« geht man zum ersten Mal in den Untergrund, genauer in ein U-Boot. Bei »F-15 Strike Eagle« dürfen wieder gegnerische Flugzeuge abgeschossen werden. Solo Flight und Hellcat Ace gibt es in verbesserten Versionen.
Sierra On-Line
Ausschließlich für den C 128 wird es von Sierra »Gato«, ein U-Boot-Simultionsprogramm geben. Damit will man nach Aussagen von Firmensprechern den Markt für diesen 128-KByte-Computer testen. Durch einen Vertrag mit Walt Disney Poductions gibt es zum ersten Mal seit sieben Jahren mit »The Black Cauldron« wieder ein Spiel, das auf einem Zeichentrickfilm von Walt Disney beruht.
Softsync
Speziell für den Kleinbetrieb bietet Softsync den »Accountant, Inc.« an. Für den deutschen Markt ist dieses Produkt sicherlich uninteressant, wichtig ist lediglich die Preisgestaltung. Bei nahezu gleichen Leistungsmerkmalen kostet Accountant für den C 64 ganze 50 Dollar, für den Apple IIc 100 Dollar und für den IBM PCjr 150 Dollar. Das heißt, je teurer der Computer, desto teurer auch die dafür angebotene Software. Eine Überlegung, die man beim Kauf mit berücksichtigen sollte.
Spinnaker
»Lernsoftware« auf einem neuen Medium gibt es von Spinnaker. Videokassetten mit didaktisch aufgebautem Lernmaterial und Begleitbuch soll dem Lernenden den Zugang zur Rechtschreibung, Mathematik und dem Computer erleichtern. Windham Classics wartet mit den neuen Programmen »The Wizard of Oz« und »Below the Root« auf. Von Telarium gibt es die neuen Abenteuerspiele »The Case of the Mandarin Murder« (Bild 9) und »Nine Prices in Amber«. Better Working stellte die Heimproduktivitätsserie »Word Processor with Spellchecker« vor.

Springboard
Das überragende Produkt dieser Firma ist »Newsroom« (Bild 10), ein Programm, mit dem man sich seine eigene Zeitschrift erstellen kann. Newsroom gibt es momentan nur auf IBM und Apple, soll aber demnächst auf den C 128 umgeschrieben werden. Mit Newsroom können Sie den gesamten Ablauf einer Zeitung mitbestimmen und kreieren. Den Artikel und das Bildmaterial müssen Sie selber erstellen, Seitenumbruch und Layout werden vom Programm unterstützt. Datenfernübertragung von ganzen Seiten ist im Programm implementiert. Mit dem neuen »The Clip Art Collection« werden Ihnen bereits 600 Bilder zur Verfügung gestellt. Wurden neue Produkte genannt, die den Einsatz des Computers verändern werden, so waren Print Shop und Newsroom immer dabei.

Sublogic
Bekannt durch ihren Flight Simulator II, bietet Sublogic nun auch einen eher kriegerischen Flugsimulator an, »Jet« (Bild 11). Als Pilot einer F-16 oder F-18 können Sie mit modernster Bewaffnung ausgestattet, feindliche Jets abschießen. Für den Flight Simulator und Jet gibt es jetzt auch Landschaftsdisketten, die die verschiedensten Regionen der Vereinigten Staaten darstellen. Sublogic betonte, daß sie für die 68 000-Computer ihre Programme umschreiben werden. Besonders freue man sich auf den Amiga von Commodore, der gerade für derartige Simulationen einen überragenden Geschwindigkeitsvorteil biete.

Timeworks
Auch Timeworks will für den C 128 Programme rausbringen, darunter »Word Writer 128 with Spell Checker«, »Data Manager 128«, und »Swift Calc 128 with Sideways«.
Schlußfolgerung
Es hat sich gezeigt, daß der C 128 auf dem amerikanischen Softwaremarkt bereits akzeptiert ist. Programme vom C 64 werden auf die neue 80-Zeichen-Darstellung umgeschrieben. Neue Produkte werden auf dieser Maschine angekündigt. Die Firmen gehen unterschiedliche Wege. Am sinnvollsten scheint dabei zu sein, beide Versionen, sowohl für den C 64 als auch für den C 128 auf einer Diskette unterzubringen. Der Amiga, obwohl von Commodore für diesen Computer eine noch nie dagewesene Abschottungspolitik betrieben wird, steht bereits bei vielen Software-Entwicklern. Die übereinstimmende Aussage von Leuten, die bereits mit dem Amiga gearbeitet haben sind: incredible, fantastic, unbeliefable… Es sollen sogar zeichentrickfilmähnliche Effekte auf diesem Computer möglich sein. Die offizielle Vorstellung des Amiga findet am 23. Juli in New York statt. Erst dann können wir genaueres über den Computer sagen. Sicher ist aufj eden Fall, daß es sich um eine außergewöhnliche Maschine handeln muß, der der Macintosh und der 520 ST nicht das Wasser reichen können. Was es an Hardware Neues gab erfahren Sie in der nächsten Ausgabe.
(aa)