Die Musik-Hardware zum C 64
Der C 64 verfügt bekanntlich über nicht zu verachtende musikalische Möglichkeiten. Doch wie nutzt man diese Fähigkeiten optimal?

In letzter Zeit findet man in den Fachzeitschriften immer häufiger Werbung für an den C 64 anschließbare Keyboards, oder auch für Mini-Klaviaturen, die man einfach auf die Tastatur aufsetzen kann. Wir haben uns diese Geräte näher angesehen, um Sinn und Zweck solchen Zubehörs zu erkunden.
Keyboards
Das wohl bekannteste derartige Keyboard ist das der Firma Wersi. Es wird über den Expansionport mit dem Computer verbunden. Durch die mitgelieferte Software läßt sich wahlweise ein einstimmiger Synthesizer oder ein polyphones (dreistimmiges) Keyboard realisieren. Ähnliche Geräte in der gleichen Preisklasse werden von verschiedenen Firmen vertrieben (siehe Info). Der Vorteil dieser Art von Klaviatur liegt auf der Hand: Sie ist über mehrere Oktaven hinweg so zu spielen, als hätte man ein normales Keyboard vor sich. Im Gegensatz zur Tastatur, bei der man schon ganz schön geübt sein muß, um wenigstens einstimmige Melodien reibungslos spielen zu können. Störend ist allerdings der Umstand, daß nur maximal drei Töne gleichzeitig angeschlagen werden können, denn wenn man es beispielsweise gewohnt ist, auf konventionellen Keyboards mindestens vierstimmig zu spielen, klingt das Ganze auf dem C 64 ziemlich schräg. Aber dieses Problem ist eben hardwarebedingt und läßt sich nicht aus der Welt schaffen.
Das Wersiboard
Der Tonumfang beim Wersiboard beträgt bei 49 Tasten vier Oktaven. Es ist im Commodore-Design gehalten und die Verarbeitung macht einen soliden Eindruck. Die beiden mitgelieferten Programme konnten allerdings nicht ganz überzeugen, da sie wirklich nur das allernötigste an Benutzerfreundlichkeit bieten. Es lassen sich zwar beim monophonen Synthesizer alle gängigen Einstellungen vornehmen und auch beeindruckende Effekte erzielen, aber gerade beim polyphonen Programm hätten sich die Programmierer mehr Mühe geben müssen. So kann man leider nur eine gemeinsame Klangfarbe für alle drei Stimmen einstellen. Es wäre dabei doch sehr vorteilhaft, wenn man bestimmten Oktaven einzelne Sounds zuordnen könnte und sich so Baßbegleitung und Melodie mehr von einander absetzen würden. Es wäre wünschenswert, wenn zu diesem ansonsten ausgezeichneten Keyboard auch ein wirklich professionelles Synthesizer-Programm angeboten werden würde.
Das Wersiboard kostet 495 Mark; die Software ist im Preis enthalten. Die Anschaffung eines derartigen Keyboards will bei einem Preis, der fast an den des Computers selbst heranreicht, natürlich gut überlegt sein. Wer ernsthafter die musikalischen Fähigkeiten seines C 64 ausnutzen will und vor allem selbst spielen möchte, für den ist ein solches Keyboard natürlich unverzichtbar. Wer aber nur ab und zu etwas »herumklimpern« will, sollte sich wohl doch nach preiswerteren Lösungen umschauen. Auch wenn man eher ans Programmieren von Musikstücken und Soundeffekten als ans selber spielen denkt, ist die Anschaffung eines leistungsfähigen Composer-Programms wohl sinnvoller, als das Geld für ein Keyboard auszugeben.
Aufsatz-Klaviaturen
Eine auf den ersten Blick weniger sinnvolle Erweiterung scheint eine Aufsatz-Klaviatur zu sein. Eine unten offene Kunststoffkonstruktion wird auf die Tastatur aufgesetzt und bei niedergedrückter Taste überträgt die Klaviatur diese Bewegung auf eine entsprechende Rechnertaste. Die Preise für derartige Aufsatz-Klaviaturen liegen um die 100 Mark (einschließlich Software), was für weniger als zwei Oktaven auf Minitasten doch wohl etwas happig ist. Hier kann den Herstellern nur eine Preissenkung (etwa auf Joystickniveau, ohne Software) empfohlen werden. Denn für immerhin einen runden Hunderter wird sich so mancher Musik-Freak doch überlegen, ob er nicht weiter auf der Tastatur spielt. Überhaupt ist dem Anwender die Anschaffung eines solchen Auflage-Keyboards nur in dem Falle zu empfehlen, daß er sich mehr mit komponieren als mit spielen beschäftigt, denn zum Spielen sind zweieinhalb Oktaven doch etwas wenig.
Bis jetzt ging es nur um Zubehör, das zur Musikerzeugung den Soundchip des Computers durch geeignete Software ansteuert. Mehr und bessere Klänge als über die Tastatur des Computers kann man damit natürlich nicht erzeugen. Es existiert aber noch eine vollkommen andere Möglichkeit, den Commodore 64 als Hilfsmittel für professionelle Synthesizer einzusetzen: Durch Anschluß eines »richtigen« Synthesizers.
Professioneller Synthesizer am C 64
Mit einem Synthesizer der unteren Preisklasse lassen sich normalerweise in einer Speicherbank 32 Sounds ablegen. Zusätzliche ROMs (Speicherchips) kosten etwa 200 Mark. Was liegt da näher, als seinen Heimcomputer per MIDI-Interface — ein international genormtes Interface, für das es an den meisten Synthesizern einen Anschluß gibt — mit seinem Synthy zu verbinden, und so bis zu 320 Klangeinstellungen auf einmal im Computer zu speichern. Je nach Lust und Laune kann man seine interessantesten Kreationen dann auf Diskette bannen. Wenn Sie schon einmal auf einem komplexen Synthesizer gearbeitet haben, wissen Sie sicher, wieviel Mühe es kostet, einen gewünschten Sound zu erzeugen, da eine Vielzahl von Parametern eingestellt werden können. Eine für MIDI-Software bekannte Firma ist Jellinghouse. Sie vertreibt exzellente MIDI-Programme, die allerdings nicht ganz billig sind.
Ganz sicher ist aber der Anschluß eines Synthesizers per MIDI-Interface die professionellste Lösung für den Computer- und Musik-Freak, allerdings auch mit Abstand die kostspieligste.
Fazit
Wer sich nicht so stark für die Musikfähigkeiten seines C 64 interessiert, dem genügt sicherlich die Tastatur, um mit einem herkömmlichen Musikprogramm zu experimentieren, denn was soll ein Keyboard für einen halben Tausender, wenn es nach der anfänglichen Euphorie in der Ecke steht. Für solche Zwecke ist vielleicht eine Aufsatzklaviatur gar nicht ungeeignet, vorausgesetzt man bekommt sie zu einem günstigen Preis. Natürlich braucht man dazu ein passendes Programm, das die Tasten abfragt, die von der Klaviatur bedient werden.
Ein Keyboard kann man ohne Einschränkungen nur dann empfehlen, wenn Sie schon etwas Erfahrung im Umgang mit Klaviaturen haben, also zweihändig spielen können, oder zumindest den festen Vorsatz haben, es zu lernen. Außerdem sollten Sie natürlich echtes und dauerhaftes Interesse für elektronische Musikerzeugung haben.
Aber in diesem Falle ist es schon fast überlegenswert, ob die Anschaffung eines richtigen Synthesizers plus MIDI-Interface nicht sinnvoller ist. In Verbindung mit seinem Computer besitzt man dann ein System, das in musikalischer Hinsicht kaum noch Wünsche offen läßt.
Synthetische Musik ist ein anspruchsvolles Hobby für das man, wenn man wirklich begeistert davon ist, auch gerne etwas mehr investiert. Dabei ist ein richtiges Keyboard zusammen mit dem C 64 mit seinem doch schon beachtlich leistungsfähigen Sound-Chip natürlich ein guter Einstieg. Auf MIDI umsteigen kann man dann ja immer noch…
(Michael Marek/ev)Musik-Hardware zum C 64:
- Colortone Keyboard, Waveform Co., 1912 Bonitaway, Berkeley CA 94704, USA
- Microsound Keyboard, Autographics Limited,3a Reading Road, Henley on Thames, Oxon, RG91AB, Großbritannien
- Ultisynth, Micro Händler, 4050 Mönchengladbach
- Jellinghouse, Martineer Hellweg 40, 4600 Dortmund 70
- SequentialCircuits, PO 16, 3640 AA Mijdrecht, Niederlande
- Passport Design, Roland Späth, Colmarer Str. 16, 7000 Stuttgart 40
- Wersiboard, Wersi Orgel- und Pianobausätze, Industriestr., 5401 Halsenbach