Floppy oder Datasette?
Die Zeiten, in denen das Floppy-Laufwerk 1541 noch weit über 1000 Mark gekostet hat, sind längst vorbei. So nach und nach scheint die Datasette verdrängt zu werden.
Ein Computer ohne Massenspeicher ist wie ein Auto ohne Räder. Man kann ihn zwar in Betrieb nehmen, doch kommt man nicht allzu weit damit. Erst Massenspeicher machen den Computer so ungeheuer flexibel. Durch sie hat man die Möglichkeit, Programme und Daten dauerhaft zu konservieren, aber auch die Weitergabe und der Kauf von Software wird erst mit einem solchen Medium möglich.
Zu einem Computer gehört also in jedem Fall ein externer Speicher. Für Homecomputer und speziell für den Commodore ist das die Datasette oder das Floppy-Laufwerk 1541. Doch für welchen Massenspeicher soll man sich entscheiden? Ein gewichtiges Argument fällt sofort, auch für den Laien, ins Auge: der Preis. Die Datasette ist mittlerweile für rund 99 Mark zu haben, während das Floppy-Laufwerk immerhin noch mehr als das sechsfache kostet. Doch der Siegeszug der Floppy-Laufwerke ist nicht aufzuhalten. Für Datasette-Besitzer ein Grund zum Nachdenken.
Floppy oder Datasette?
Was zeichnet denn nun die Floppy gegenüber der Datasette aus? Das gewichtigste Argument dürfte der Komfort sein. Mit der Floppy zu arbeiten ist wesentlich übersichtlicher und auch schneller als mit dem Kassettenrecorder. Das beginnt mit dem Anlegen eines Inhaltsverzeichnisses, dem Directory. Die Titel aller Programme und Dateien, die auf einer Diskette gespeichert sind, werden in dem Directory mit einem Befehl erkennbar. Es informiert Sie über den Namen, die Programmlänge und ob es sich um ein Programm (PRG) oder um Daten (Dateien) handelt. Dateien werden mit SEQ oder USR (sequentielle) oder REL (relative) gekennzeichnet. Gelöschte Programme oder Dateien erhalten die Kennzeichnung DEL, werden aber nicht mehr angezeigt.
Auch der restliche auf der Diskette verfügbare Platz wird angegeben. Soll ein Programm geladen werden, kann das aus diesem Inhaltsverzeichnis heraus aber auch direkt geschehen. Wird ein Programm gelöscht, so wird der freigewordene Platz ohne Verlust und Lücken wieder zur Verfügung gestellt. Bei der Datasette bestehen diese Möglichkeiten nicht.
Sollte ein Datasette-Besitzer in den Genuß einer nicht von seinem Gerät bespielten Kassette kommen, so kann es vorkommen, daß dessen Programme nicht geladen werden können. Der Tonkopf der anderen Datasette braucht nur etwas anders eingestellt sein und schon wird es problematisch. Manche Kassetten haben ab und zu nicht einwandfrei beschichtete Stellen auf dem Band. Sollte beim Speichern eines Programms solch eine Stelle beschrieben werden, wird es später unmöglich, das Programm wieder zu laden. Datasetten-Besitzer gewöhnen sich deshalb sehr schnell an eine Kontrollfunktion, VERIFY genannt. Hier wird das soeben auf Band gespeicherte Programm noch einmal mit dem Inhalt des Computers verglichen. Das bedeutet schon mehr als doppelten Zeitaufwand (vor dem VERIFY muß ja die Kassette zurückgespult werden). Diskettenbesitzer vergessen diesen Befehl bald. Disketten sind viel sicherer als Kassetten.
Sollten Sie sich zu einem leidenschaftlichen Programmierer entwickeln, und das ist beim C 64 nicht ganz ausgeschlossen, werden Sie nicht an die Programmierung einer Dateiverwaltung herumkommen (wollen). Und jetzt bekommt die Datasette gleich zweimal eins aufs Dach. Turbotape-Besitzer (Turbotape beschleunigt Laden und Speichern von Programmen auf Kassette) können dieses Programm jetzt vergessen, denn Daten von sequentiellen Dateien werden nur mit der normalen Geschwindigkeit geladen. Das gibt Ihnen Zeit für Kaffee- und Zigarettenpausen. Den zweiten Schlag erhalten Sie, wenn Sie mit Ihrem Programmierwissen noch weiter vorangeschritten sind und in Zeitschriften oder Büchern über die Begriffe »Relative Datei« und »Direktzugriffsdatei« stolpern. Überlesen Sie einfach diese Kapitel, denn solche interessanten Dateiformen sind mit der Datasette nicht möglich. Aber selbst wenn Sie keine große Ambitionen als Programmierer haben: Dateiverwaltungsprogramme, die diese Formen der Verwaltung besitzen (und das sind die wirklich guten), erhalten Sie nur auf und für Diskette.
Damit wären wir bei einem weiteren Thema: Softwareangebot. Mit stetig sinkendem Preis des Diskettenlaufwerks und damit dessen wachsender Beliebtheit wird immer mehr Software auf den Markt kommen, die es nur auf Diskette gibt, beziehungsweise nur zusammen mit einem Diskettenlaufwerk funktioniert. Selbst die Literatur, dazu zählen auch Computerzeitschriften, befaßt sich immer mehr mit der Floppy. Auch bei uns in der Redaktion bekommen wir die wachsende Präsenz der 1541-Besitzer zu spüren. Das Verhältnis der Programmeinsendungen mit Diskette zu denen mit Kassette liegt zur Zeit bei ungefähr 7:3, mit sinkender Tendenz für Kassette.
Floppy im Detail
Obwohl der Preisunterschied zwischen Datasette und Floppy-Disklaufwerk nicht gerade gering ist, darf man nicht vergessen, daß die 1541 zu den preisgünstigsten Diskettenlaufwerken überhaupt zählt. Viele Hersteller von Homecomputern bieten erst gar keins an. Und erst recht findet man keine »intelligenten« Laufwerke. Intelligent deshalb, weil die 1541 einen eigenen Mikroprozessor, den 6502, und ein Disketten-Operations-System (DOS) besitzt.
Die Speicherkapazität der 1541 ist zwar nicht berauschend, aber mit ungefähr 170 KByte pro formatierter 5¼-Zoll-Diskette für die meisten Anwendungen voll ausreichend. Dabei können bis zu 144 Einträge ins Directory gemacht werden, eine Zahl, die Sie wohl selten erreichen werden. Auch die Übertragungsgeschwindigkeit von Daten vom Computer zur Floppy ist mit runden 3200 Baud nicht gerade als Hexerei zu bezeichnen. Schuld daran ist nicht so sehr die serielle Datenübertragung, sondern vielmehr das DOS selber. Aber immerhin geht das immer noch rund 10 mal schneller als mit der Datasette.
Eine oder zwei Floppies?
Wirklich keine Frage für Leute, die viel mit Dateiverwaltungen oder auch dem Kopieren von Programmen zu tun haben. Denn gerade diese Arbeiten erfordern oft einen Wechsel der Disketten. Mit zwei Floppy-Laufwerken ist dieses zeitraubende und auf die Dauer nervtötende Problem beseitigt. Genaugenommen lassen sich sogar bis zu fünf verschiedene 1541 hintereinander anschließen. Und das Schöne daran ist, daß, ausgenommen natürlich für das Laufwerk selber, keine zusätzlichen Kosten für Interfaces oder sonstige Hardwarezusätze hinzukommen. Einfach mit dem mitgelieferten Kabel an den Computer stecken und fertig. Vielleicht haben Sie jetzt auch den Eindruck, daß die Floppy gegenüber der Datasette doch entscheidende Vorteile hat, auch wenn die Existenzberechtigung der Datasette nicht ganz verschwunden ist. Denn für viele ist letzten Endes die Geldbörse das überzeugendste Argument — jedenfalls bis auf weiteres.
(gk)