Interview
Was sagt ein »Game Designer« über die Zukunft des Softwaremarktes?
David Crane, einer der Gründer von Activision und Autor von Softwarehits wie Pitfall, Decathlon und Ghostbusters stand uns Rede und Antwort. »Activision wird auch in der nahen Zukunft keine Anwendersoftware herausbringen; nur Unterhaltungssoftware. Wobei der Begriff Unterhaltungssoftware aber weiter ausgelegt werden muß, denn Unterhaltung besteht nicht nur aus Spielen. Activision wird in Zukunft auch neue Formen der Entertainment-Software bringen. Die ersten Schritte dazu machten wir schon mit Designer’s Pencil und Music Studio.«
Die Zukunft der Computer innerhalb unserer Gesellschaft sieht Crane positiv: »Eine Welt ohne einen Computer in jedem Haushalt kann ich mir nicht vorstellen. Es wird zwar lange Dauern, aber die Entwicklung kann man mit dem Einzug des Fernsehers in das Wohnzimmer vergleichen. Der Hauptzweck des Computers ist eben die Unterhaltung; wäre dies nicht der Fall, würde ich die Entwicklung nicht so optimistisch beurteilen.« Wir befragten David Crane auch gleich über die Zukunftspläne von Activision im Zusammenhang mit den neuen Computern von Commodore und Atari. Cranes Antwort: »Wir werden für jeden Computer Software herstellen, der sich gut verkauft.« Unsere nächste Frage betraf speziell den PC 128. »Activision wird keine Spiele machen, die nur auf einzelnen Computertypen laufen. Spiele, die viel RAM benötigen, werden wir eher in mehrere Teile trennen (von Diskette nachladbar), damit jeder unsere Software genießen kann — auch Besitzer von kleineren Computern.« Und wie programmiert David Crane seine Spiele?
»Spiele entwickeln ist dem Drehen eines Filmes sehr ähnlich. Als erstes wird das Drehbuch geschrieben. Bei uns geschieht dies, indem der Game-Designer erst selbst Spiele spielt und mit ihnen herumprobiert. So lange, bis das Konzept (Drehbuch) fertig ist. Der Entwickler eines Spieles ist Drehbuchautor und Regisseur. Ein bißchen Kamera-Arbeit macht er auch. Die »Special Effects« wie Grafik oder Sound werden von Spezialisten gemacht.
Für ein Spiel benötigen wir in der Regel acht Monate bis ein Jahr. Dazu setzen sich Gruppen von etwa vier bis zwölf Programmierern zusammen, die gemeinsam ein Spiel erarbeiten, das von einem einzelnen Designer erdacht wurde.
Der Erfolg meiner Spiele liegt darin, daß ich immer voraussehen muß, was die Leute in einem Jahr wollen. Mittlerweile programmiere ich meine Spiele immer auf dem C 64, der zur Zeit mein Lieblingscomputer ist. Die Umsetzung auf andere Systeme wird dann von anderen Programmierern gemacht. Ghostbusters war übrigens mein C 64-Erstlingswerk.«
Wie bewertet David Crane den Einfluß des Deutschen Software-Marktes auf die USA? Viele Softwarehäuser in den USA scheinen den europäischen Markt gar nicht zu beachten. Oft müssen europäische Händler monatelang auf die Software aus den Vereinigten Staaten warten. Existiert der europäische Software-Markt für Amerika überhaupt? Wir bekamen auf diese Frage zwei Antworten von Crane. »Zum einen ist Europa ein sehr guter Stabilisierungsfaktor für uns. Läuft das Geschäft in den USA nicht, so läuft es in Europa. Die Konjunkturzyklen sind genau entgegengesetzt. Das andere ist etwas, was die Europäer noch gar nicht bemerkt haben. Amerikanische Marketing- und Vertriebsexperten behaupten, Europa sei dem US-Software-Markt um zwei Jahre voraus. In den USA wurde durch den Boom der Telespielbranche der Beginn des Heimcomputer-Zeitalters zurückgedrängt; in Europa wuchsen beide Sektoren zugleich. Sie waren gleichzeitig existierende Marktsegmente. Im Endeffekt hatte der europäische Software-Markt mehr Zeit zur Entwicklung als der amerikanische. Deshalb gibt es in den USA viele Fachleute, die sich das europäische Konsumentenverhalten ansehen, um die Entwicklung im eigenen Land besser voraussagen zu können.«
Europa, ein Testmarkt für das amerikanische Käuferverhalten der Zukunft? Nicht leicht vorstellbar, aber Insider wie David Crane scheinen davon überzeugt zu sein.
(M. Kohlen/rg)