Hardware

MPS-801

Früher oder später kommt im Leben eines Computerbesitzers der Tag, an dem er beschließt, seinen Gerätepark um den lange fälligen Drucker zu erweitern.

So erging es auch mir an einem trüben Wintertag, kurz vor den ins Haus stehenden Festtagen und der damit verbundenen Freizeit zwischen den Tagen. Der erste Gang führte kurzentschlossen in einen für gewöhnlich gut sortierten Zeitschriftenladen. Nach einigem Stöbern im Berg der Computerzeitschriften verklärte sich der schon etwas trübe Gesichtsausdruck des Ladeninhabers zu seligem Lächeln, als er den Rechnungsbetrag mit spitzem Bleistift und unter heftigen Zungenbewegungen ermittelte. So war denn zumindest für ihn das Weihnachtsfest gesichert, ich dagegen erklomm mit meiner Informationslast die heimischen Treppen und fing, kaum wieder zu Atem gekommen, damit an, mein Wissen über Drucker zu vervollkommnen.

Ein rascher Blick in die schon leicht schwindsüchtige Brieftasche erleichterte den Entscheidungsprozeß erheblich, schon nach relativ kurzer Zeit stand fest, daß ein Schönschreibdrucker nicht in Frage kam. Was blieb, waren die einfachen Matrixdrucker, darunter auch der MPS 801 von Commodore, der gerade als »Neuheit« auf dem deutschen Markt erschienen war.

Mit den Informationen über drei in Frage kommende Drucker im Geist und in der Hand, begab ich mich nun auf die Suche nach einem Computershop, um das theoretisch erarbeitete Wissen praktisch zu überprüfen. Dieses Unterfangen stellt in einem computertechnischen Entwicklungsland, das diese unsere Republik nun einmal ist, ein größeres Problem dar, zumal in einer Kleinstadt wie Hamburg. Da Computerläden grundsätzlich mehrere Kilometer vom nächsten freien Parkplatz entfernt liegen — eigene Parkplätze lohnen sich wohl nicht, da die Kunden zum größten Teil Jugendliche sind — ergab sich die einmalige Gelegenheit, etliche Pfunde, die sich in mitternächtlichen Sitzungen am Computer angestaut hatten, wieder abzulaufen.

Endlich war der erste Laden erreicht, also raus mit dem bereits im Geiste geübten Satz: »Ich wollte mir mal Drucker für den C 64 angucken und …«

Ungläubiges Staunen beim Verkäufer: »Drucker? Ham wir nich da, sind aber bestellt.«

Darauf ungläubiges Staunen beim Kunden, (»Aha«) gefolgt vom raschen Ortswechsel. Schauplatz des nächsten Dramas ist die Computerabteilung eines großen Kaufhauses. Inmitten einiger Taschenrechner fristet ein einsamer Homecomputer sein Dasein, von fachkundigem Personal vor kaufwütigen Kunden beschützt: »Das ist unser Letzter, den können wir nicht rausgeben… — aber wir haben schon neue bestellt.«

Also rein ins Gewühl. «Ham se mal’n Moment Zeit? Ich wollt mir Drucker für…«

»Karl, kommste mal, da will einer ’nen Drucker kaufen.« — »Drucker? Ham wir nich, sind aber…«

Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben, also weitergemacht mit der Stadtrundfahrt. Und tatsächlich, im siebten oder achten Laden geschieht das Wunder: »Drucker? Hatten wir bestellt, sind gerade gekommen. Was darf’s denn sein?«

Ehrfurchtsvoll bestaunt der entzückte Kunde die sauber aufgereihte Menge der Drucker: Beide nebeneinander.

Der Ladenschluß ist schon bedrohlich nahe, also wildentschlossen zugeschlagen. »Was kostet denn bei Euch der GP 500 und was der MPS 801?« — »Hä? Das ist doch ein und dasselbe Gerät, nur mit nem anderen Gehäuse…«

Aha, das stand in keiner der gelesenen Zeitungen. Mißtrauisch geworden, kommt die nächste Frage: »Der sieht aber innen drin dem GP 100 verdammt ähnlich..«

»Is ja auch das Nachfolgemodell, leiser, mit verbessertem Schriftbild und nem ganz neuen Farbbandsystem…«

Naja, lange Rede, gar kein Sinn, es
Naja, lange Rede, gar kein Sinn, es gibt viel zu drucken, packen wir’s das im Autohandel. Zurück zum eigenen Fahrzeug, unter einem Arm den Karton Papier, unter dem anderen den Drucker. Nach kurzer Diskussion mit einer netten Politesse, die gerade dabei ist, die Scheibenwischer festlich zu schmücken, kann endlich die Heimfahrt durch den Dschungel des Feierabendverkehrs angetreten werden.

Zuhause angekommen, wird erstmal ausgepackt und die Betriebsanleitung studiert. Dabei kristallisiert sich immer klarer das erste Druckvorhaben heraus: Eine deutsche Fassung des Heftchens muß her. Da der durchschnittliche Mitteleuropäer neben seiner Muttersprache und diversen Computerdialekten auch noch umfassende Kenntnisse des Englischen besitzt, fällt es nicht schwer zu erraten, was mit den Anweisungen des Handbuches gemeint ist.

Schließlich sind Papier und Farbbandkassette eingelegt, der erste Versuch kann starten. Schalter auf »Test« und ab dafür. Und siehe da, der Verkäufer hat nicht gelogen, der Drucker ist vergleichsweise leise. Statt mit den Phonzahlen eines startenden Jumbos säuselt der Druckkopf mit Diskothekenniveau über das Papier.

Da wenigstens das Schriftbild den Versprechungen entspricht, kann der Test abgeschlossen werden, der Drucker wird jetzt mit dem Computer verbunden. Dies geschieht mittels des beigelegten Buskabels, das die stattliche Länge von 60 cm aufweist. Man kann sich also aussuchen, ob einem die Nadeln von links oder rechts ins Ohr knattern… Nun ja, so wird man wenigstens zu einem kompakten Aufbau der Computeranlage gezwungen, es bleibt sogar noch Platz auf dem Tisch für Aschenbecher und eine Flasche des von ortsansäßigen Brauereien gelieferten Kühlmittels.

Nun lassen wir in Gedanken zwei Monate verstreichen, wir befinden uns im Januar des Jahres 1984. Nach 150 bis 200 Blatt Papier wird das Farbband allmählich schwächer, ein frisches muß her. Halt, da war doch was? Ach ja, im Handbuch steht was von austauschbarem Inker. Das muß das Ding sein, wo die Tinte drin ist. Da das Farbband selbst noch gut ist, tuts also auch so eine Austauschkartusche. Im Zuge der nun folgenden Stadtbesichtigung kommt insgesamt zwölfmal die Standardantwort des Fachpersonals: »Ham wir nich, is aber bestellt…«

Eine Woche später liegt das gute Druckbild in den letzten Zügen. Es hilft nichts, wenn es keine Inker gibt, muß halt ein komplettes Farbband her. Also machen wir mal etwas Neues, nämlich eine kleine Sightseeing-Tour durch die Computerläden und Kaufhäuser. Der geneigte Leser wird sich wohl schon denken können, wie die meistgegebene Antwort auf mein Kaufbegehren lautete….

Irgendwo muß es dann eine Panne in der Logistik gegeben haben, denn einige Tage später bekam ich mein Farbband, natürlich ausgerechnet in dem Laden, wo ich es nie vermutet hätte. Zwar kostete der ganze Spaß inklusive der Spritkosten weit über fünfzig Mark, aber immerhin konnte ich wieder drucken.

Bereits nach fünfzehn Druckzeilen mit dem frischen Farbband zeigte sich die Überlegenheit der Neukonstruktion des Farbbandantriebes. Mit einem fast unhörbaren Ratschen verabschiedete sich eine winzige Feder im Werte von vielleicht zwanzig Pfennig. Folge war, daß das Farbband nicht mehr mitlief, dadurch hämmerten die Nadeln immer kräftig auf die gleiche Stelle.

Natürlich war ich gerade mit der Kühlmittelbeschaffung beschäftigt, bemerkte den Fehler also relativ spät. Nun ist guter Rat teuer, gute Reparatur ist natürlich noch teurer. Aber man hat ja einen technischen Beruf gelernt und läßt sich nicht so leicht entmutigen. Also her mit der Werkzeugtasche und ohne Rücksicht auf die Garantie ran an den Feind, sprich Drucker. Der Fehler war auch schnell festgestellt, nämlich jene winzige Feder. Der leidgeprüfte Computerbesitzer ahnt schon, wie es weitergeht. Ein Ersatzteil muß her, und schon Edsel D. Murphy stellte in seinen Gesetzen über das Verhalten lebloser Gegenstände fest:

  1. Die Ausfallhäufigkeit eines Bauteiles ist umgekehrt proportional zu seiner Wichtigkeit.
  2. Die Zugänglichkeit eines Bauteiles ist umgekehrt propotional zu seiner Aufallhäufigkeit.
  3. Die Erhältlichkeit eines Bauteiles ist umgekehrt proportional zu seiner Wichtigkeit und
  4. was schiefgehen kann, geht auch schief.

Das Melodram mit dem sattsam bekannten Titel »Stadtrundfahrt« wurde also wieder einmal auf den Spielplan gesetzt, brachte aber diesmal ein völlig anderes Einspielergebnis: Nicht ein einziges Mal fiel die Bemerkung »Ham wir nich, sind aber bestellt…« Stattdessen Schulterzucken in den Kaufhäusern und Ratlosigkeit in den Fachgeschäften. »Bestellen wir, dauert aber mindestens sechs Wochen, wenn nich länger…«

Zum Überlaufen wurde das Faß dann von einem Servicetechniker gebracht (Firmenwerbung: »Eigener Service«): »Ich hab gerade eine Feder bestellt. Der Drucker da hinten hat den gleichen Fehler. Da muß ich wohl noch’n paar Federn nachbestellen…« — Der drohende Herzinfarkt ob solcher fachkundigen Äußerung muß schon deutlich zu erkennen gewesen sein, denn noch bevor ich die Gelegenheit fand, mich dazu zu äußern, wurde ich aus der »Werkstatt« herauskomplimentiert: »Keine Kunden in der Werkstatt…« Mein streßgeplagtes Aussehen muß dann bei meinen Arbeitskollegen Mitleid erweckt haben, denn nach etlichen Stunden der Suche in Grabbelkisten und Schubladen, fand sich das Material, aus dem man eine entpsrechende Feder herstellen konnte. Mit viel Mühe wurde eine Feder gebogen und eingebaut, schließlich kam doch noch das Erfolgserlebnis: Zehn Tage war der Drucker krank, jetzt druckt er wieder, Gottseidank… Mitnichten.

Kein Frust

Durch das Drucken mit stehendem Farbband, war dieses doch arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Es verhakte sich ständig, wodurch die Vorteile des Kassettensystems erst deutlich wurden. Statt mühsamer Fummelei genügt ein Griff und man hat die Kassette in der Hand und kann das Band wieder ordentlich einspulen. Wahrscheinlich hat man gerade dieses Vorteils wegen die Kassette eingeführt.

Es folgte der vorläufig letzte Akt des Dramas, eine Variation des Themas »Farbbandkauf«. Die Beschreibung des kurzen Einkaufsbummels erspare ich mir, irgendwie und irgendwann bekam ich schließlich eine neue Kassette. Hoffnungsfroh wurde selbige in den Drucker gelegt und dieser eingeschaltet. Bei dieser Gelegenheit stellte sich heraus, daß die Farbbandkassetten offenbar eine größere Odyssee hinter sich haben, wenn sie auf deutschen Ladentischen ankommen. Ein derart blasses Schriftbild hatte ich noch nicht einmal beim ersten Farbband, das bis zum letzten Tropfen im Drucker verblieben war…

Die Umtauschaktion gestaltete sich kurz und schmerzlos, schon nach fünfzehn Minuten intensiver Fachsimpelei war man bereit, zuzugeben, daß es möglicherweise tatsächlich etwas schwach war und händigte mir ein anderes Band aus.

Wer nun aus dem Berichteten den Schluß zieht, daß ich mit dem Drucker MPS 801 unzufrieden bin, der irrt. Kinderkrankheiten sind dazu da, überwunden zu werden, man kann keine Vorbeugungsmaßnahmen treffen, außer vielleicht schon mal etwas Baldrian für den Benutzer zu kaufen. Der MPS 801 bietet für sein Geld schon eine Menge Leistung, woran es mangelt, ist die Betreuung durch den sogenannten Fachhandel. Hier kann und muß noch eine Menge verbessert werden.

(Reinhard Schrutzki/gk)
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