Die neuen – 264 und 364

Eingebaute Software, etwas teurer als der Commodore 64, ohne Sprites aber mit »besseren« Basic – So präsentierten sich die neuen 264 und 364 auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, der größten Unterhaltungselektronik-Messe in den USA.

Eines gilt als sicher: Ablösen sollen die 264/364 den Commodore 64 nicht, sondern »nach oben« ergänzen. Jim Butterfield, in den USA bekannt als die (unabhängige) Commodore-Autorität stufte den 264/364 innerhalb der Reihe der kleinen Commodore-Systeme wie folgt ein: »Der VC 20 ist ein Computer mit einem niedrigen Preis speziell für Leute, die ihre ersten Schritte mit einem Computer tun wollen. Der 64 ist der »Fun-Computer«. Er unterstützt den creativen Programmierer, hat tolle Sound- und Grafikmerkmale und ist aufgrund seiner internen Stuktur für alle Arten von Erweiterungen geeignet. Er läßt dem Anwender einen großen Spielraum, was er mit dem 64 alles tun kann. Und das ist die Meinung des »Guru« zum 264/364: »Der 264/364 geht mehr in Richtung Business. Er hat Merkmale, die sowohl dem Programmierer als auch dem reinen Benutzer helfen, mit dem Computer schnell und einfach zu arbeiten. Das eingebaute Basic ermöglicht das Programmieren von kaufmännisch-orientierter Software und von Grafik. Die neue Tastatur mit einer Hilfe-Taste und mehreren Funktionstasten tut ein übriges. Und«, fügte Butterfield hinzu, »die eingebauten professionellen Programme erlauben es, sofort nach dem Einschalten mit dem 264/364 zu arbeiten«.

Typischerweise sollen sie zu Hause für ernsthafte Dinge eingesetzt werden oder den »kleinen Geschäftsmann bei seiner täglichen Arbeit unterstützten«.

Wesentliche Unterschiede zwischen Commodore 64 und den »Neuen«; Die »Neuen« werden mit »eingebauter« Software und einem erweiterten Basic geliefert, verfügen jedoch nicht über Sprites, die beim Commodore 64 so beliebten, selbstdefinierbaren Grafikelemente Die Sache mit der »eingebauten« Software funktioniert so: Beim Kauf eines Commodore 264/364 kann man – so der momentane Stand – zwischen vier Programmen (3 plus 1, Superscript, Magic Desk und Logo), wählen. Der Computer wird dann mit dem bereits »eingebauten« Programm ausgeliefert, Die anderen Programme können zwar auch eingesetzt werden, allerdings nur in Form der vom Commodore 64 bekannten Software-Module (Cartridges).

Doch nun zu den technischen Merkmalen der neuen Modelle 264/364:

Von den 64 KByte RAM stehen dem Benutzer 60 KByte für Basic-Programme zur Verfügung. In ROMs sind Betriebssystem und Basic-Interpreter sowie die eben erwähnte, »eingebaute« Software untergebracht. Der neue Mikroprozessor 7501 ist voll 6502-kompatibel und verfügt darüber hinaus noch über einige zusätzliche Fähigkeiten. Der Commodore 264/364 kann insgesamt 128 Farben (16 Farben: 8 verschiedene Stufen) darstellen. In 25 Zeilen zu je 40 Zeichen können Groß- und Kleinbuchstaben, Zahlen und Symbole normal, invers oder blinkend untergebracht werden. Der Zeichensatz-ROM enthält auch sämtliche bekannte Commodore-Grafikzeichen. Der Bildschirm kann in drei verschiedene Darstellungsarten geschaltet werden: Text, hochauflösende Grafik und Text/hochauflösende Grafik gemeinsam. Die Auflösung beträgt 320 x 200 Bildpunkte. Zwei Tongeneratoren oder ein Ton- und ein Geräuschgenerator sind in acht Stufen programmierbar.

Die schreibmaschinenähnliche Tastatur besteht aus insgesamt 67 Tasten, darunter vier pfeilförmigen Cursortasten, vier programmierten beziehungsweise reprogrammierbaren Funktionstasten. An Schnittstellen stehen zur Verfügung: User Port und serielle Schnittstelle (identisch mit Commodore 64), Modul-(Cartridge-)Port zwei Joystickanschlüsse, Anschlüsse für Datasette (alle nicht identisch mit Commodore 64) und Fernsehgerät sowie für Farbmonitor, Tonein- und -ausgang und Stromversorgung.

Die Anschlüsse des C64 (oben) und die neuen des 264 (unten)

Das eingebaute Basic 3.5 verfügt über 75 Befehle; es enthält das vollständige 64er-Basic und darüber hinaus noch zusätzliche Befehle. Weitere Software-Merkmale: Maschinensprache-Monitor mit über 12 Befehlen, Grafik- und Sound-Kommandos sowie eingebautes Windowing (der Bildschirm kann in einzelne Bereiche — Fenster, englisch: window — eingeteilt werden, die unabhängig voneinander beschrieben oder gelöscht werden können).

Im neuen Commodore 264 bereits eingebaut: Windows (Fenster)

Die Commodore 264/364 arbeiten mit folgenden, bereits vom 64 her bekannten Peripheriegeräten: Floppy-Disk-Laufwerk 1541, Farbmonitor und Matrixdrucker 1526.

Nur mit den neuen Commodore-Computern sind die modifizierte Datasette (Kassettenlaufwerk) 1531 und das fünf- bis sechsmal schnellere Diskettenlaufwerk SFS 481 einsetzbar Das neue Diskettenlaufwerk SFS 481 soll aber auch für den Commodore 64 angeboten werden. Ansonsten gibt es für die Commodore 264/364 noch den Farb-Matrixdrucker MCS 801 und den Typenraddrucker DPS 1101 (18 Zeichen pro Sekunde; die Typenräder sind Triumph-Adler-kompatibel).

Der 364 unterscheidet sich vom 264 nicht nur durch ein größeres Gehäuse (42 cm x 6,5 cm 24 cm gegenüber 33,5 cm x 6 cm x 19,5 cm), sondern auch durch ein eingebautes Sprachmodul (250 Worte Standard, zusätzliche Worte können von Modulen oder Diskette zugeladen werden), größere Tastatur (86 Tasten anstatt 67 — die zusätzlichen 19 Tasten stellen einen Ziffernblock dar), einen größeren ROM-Bereich (48 KByte anstatt 32 KByte) und zusätzliche Befehle für das Sprachmodul. Auch der ROM-Bereich für »eingebaute« Software ist größer: 48 KByte statt 32 KByte.

Die 264/364 sollen ab April in den USA erhältlich sein. Commodore selbst gibt keinen genauen Preis an, aber 300 bis 400 Dollar dürften realistisch sein. Im Unterschied zum 64 sei bei den »Neuen» das Basic besser, Hauptverkaufsargument ist die built-in-Software (»eingebautes« Programm). Da die Programm-Module nicht identisch sind, können die des Commodore 64 im 264/364 nicht verwendet werden.

Zur Frage der Kompatibilität: 64-Programme ohne Sprites, laufen auf den »Neuen«; die restliche Software soll zu 80 bis 90 Prozent ohne oder mit »nur geringem« Umstellungsaufwand auch für den Commodore 264/364 verfügbar sein. 64er-Programme, die auf Kassette vorliegen, können nicht in die »Neuen« geladenen werden, bei Programmen von Diskette soll es jedoch möglich sein — das bedeutet aber noch lange nicht, daß die Programme dann auch auf dem 264/364 laufen.

Sicher scheint nur eines zu sein: Der 264/364 soll den Commodore 64 — ein Sprachmodul gibt es jetzt auch für den 64 für knapp 60 Dollar — nicht ablösen, sondern nur ergänzen. Das Sprachmodul für den 64 enthält 235 fest eingebaute Worte, gesprochen von einer »angenehmen Frauenstimme«, soweit eine Commodore-Mitteilung. Die einzelnen Worte können direkt von Basic oder Assembler angesprochen werden. Auch die Sprechgeschwindigkeit kann gewählt werden — langsam, normal oder schnell. Ein seperater Ausgang sorgt für eine Verbindung zur Hifi-Anlage. Ein zusätzlicher Wortschatz und verschiedene Stimmen auf Diskette oder Kassette wurden bereits angekündigt Dieses 60-Dollar-Modul paßt auch für den tragbaren SX 64.

Ein weiterer Neuer, der wohl zumindest in den USA — nie seinen Weg über den Ladentisch finden wird: Der Commodore 116. Bei Commodore-USA selbst gab's zu diesem Computer weder Informationen noch eine Stellungnahme.

Ob der Commodore 116 jeweils auf den Markt kommen wird, ist zweifelhaft

Auch der VC 20 soll weiterhin produziert werden, »solange er gekauft wird« (Preisvorstellungen: 100 Dollar weniger als der 64). Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß man mit allen Modellen 1983 Rekordumsätze machte, und daß mittlerweile über zwei Millionen Commodore 64 verkauft wurden (die Jahresvorgabe von 1 Million wurde in einem halben Jahr abgesetzt) und Commodore 1983 1 Milliarde Dollar Umsatz machte.

Commodore hat vor kurzem mit Compuserve eine Vereinbarung über die weltweite Vermarktung des Vidtex Terminal Emulators geschlossen. Dieses Programm erlaubt via Modem (Vicmodem für zirka 60 Dollar und Automodem für zirka 100 Dollar — insgesamt wurden davon in den USA 1983 100000 Stück verkauft; in Deutschland sind sie noch nicht erlaubt, da eine FTZ-Zulassung noch nicht vorliegt), sich Programme aus der großen Compuserve-Software-Bibliothek zu holen und auf Diskette abzuspeichern. Außerdem ist es mit Vidtex möglich, aus dem »Commodore-Informations-Netz« technische Informationen, kostenlose Software und eine kostenlose »elektronische« Zeitschrift zu beziehen sowie mit anderen Benutzern in Kontakt zu treten. Bookware baut Commodore kräftig aus: das Programm umfaßt Computerbücher, Bücher mit beiliegender Software und Computerzeitschriften. Wie gut »Bookware« bei Commodore-Benutzern ankommt, zeigen VC 20 Programmer's, Reference Guide und Commodore 64 Programmer's Reference Guide von denen 1983 jeweils 600.000 Stück verkauft wurden. Auch für die Commodore 264/364 soll es solche »Programmierführer« geben.

(sc)
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